Business-Coaching-Zug fährt mit Vollgas ins Oberwallis

Kürzlich in der Briger Bahnhofstrasse. Ein Passant sagt mir: «Weisst du, die ganze Sache mit Coaching ist schon gut, aber der Oberwalliser* versteht das nicht, das braucht Zeit.» Der Mann hat Recht. Und gleichzeitig falsch. Der Oberwalliser hat lange einen Bogen um Coaching, Beratung, Training und Personalentwicklung- sowie Förderung gemacht. Zahlreiche moderne Unternehmen verzichten nicht mehr darauf. Warum aber braucht dieser Prozess im Rhonetal mehr Zeit? Hinken unsere Firmen den Deutschschweizern in Sachen Coaching hinterher oder sind wir im Rhonetal einfach stress-resistenter, effizienter, konfliktfähiger und motivierter am Arbeitsplatz? Jede Antwort die ich darauf gebe, ist unseriös. Die Wahrheit liegt vermutlich anderswo. Ich gehe auf Spurensuche.

Viele Menschen assoziieren Coaching mit Schwäche. Ganz ehrlich: Wer will freiwillig schwach sein? Erst noch in einem Kanton, den die starke Eringerkuh ihre Heimat nennt und in dessen Bergdörfern früher das Faustrecht gegolten hat. Schwäche geht nicht. Schwäche gibt es nicht. Und wenn schon; dann nicht mit mir. Das Leben im Jahr 2022 sieht anders aus. Wir müssen performen. Leistung. Druck. Zahlen. Fakten. Das ist unser Alltag. Mehrmals die Woche. Immer aufs Neue. Gewinne müssen überschritten werden. Ziele werden jährlich nach oben angepasst. Der Leistungsdruck steigt und wir benötigen zwingend sämtliche Ressourcen, die in uns stecken. Geht Ihnen das manchmal an die Substanz? Zehrt das an Ihrer Motivation? Erleben Sie dadurch Stress? Nein? Dann verabschiede ich Sie hiermit von meinem Blog und gratuliere Ihnen zum Umgang mit Ihren inneren Ressourcen. Tschüss. Ach ja, und: Bravo!

Sie lesen weiter? Dann gehören Sie zu den weit über 90 Prozent, die durch regelmässige Begleitgespräche ihre Arbeitsmoral steigern und ihre Stressresistenz stärken können. Oder könnten. Die erwähnten 90 Prozent sind eine reine Schätzung meinerseits. Vermutlich liege ich nur knapp daneben. Persönlich kenne ich jedenfalls niemanden, der nicht mindestens einen Punkt hat, den er am Arbeitsplatz optimieren sollte. Stellen Sie sich vor, in Ihrem Unternehmen leidet jemand unter ständigem Stress und wird begleitet durch die Eitelkeit des sturen Walliser Kopfes, keine Hilfe in Form eines einstündigen Coaching-Settings zu beanspruchen. Das kann so weit gehen, dass er am Stress zerbricht. Die Freude an der Arbeit nimmt ab. Die Qualität ebenso. Im Extremfall erkrankt er. Der Verlierer ist er. Und sein Arbeitgeber. Allenfalls kündigt er sein Arbeitsverhältnis. Genau Abgänge dieser Art werden von einem Coach oft antizipiert und idealerweise vermieden. Wenn wir davon ausgehen, dass ein gekündigtes Arbeitsverhältnis die Firma mehrere 10'000 Franken kostet (wir reden im Jahr 2022 von 30'000 bis 50'000 Franken), ist ein diplomierter Coach im Team ein nicht weg zu denkendes Puzzleteil in einem intakten und gut strukturierten Unternehmen, das auf Kontinuität, Effizienz und Motivation setzt.

Zahlreiche grosse Firmen in Bern, Aarau, Luzern, Zürich, Basel oder St.Gallen setzen längst und regelmässig auf erfahrene Coaches. Das Problem: In der Coaching-Szene findet eine extreme Verwachsung statt. Der Bund hat dies vor sechs Jahren korrigiert und ein Qualitäts-Label geschaffen. Im Jahr 2016 ist die eidgenössische Fachprüfung zum Betrieblichen Mentor FA geboren. Heute gibt es schätzungsweise 400 qualifizierte Mentoren im Land. Auch der Begriff Coach SCA ist ein Label, das die Qualität einer Begleitperson unterstreicht. Kürzlich erzählt mir ein renommierter Persönlichkeitsentwickler in Zürich, er gehe davon aus, dass in drei bis fünf Jahren nur noch Coaches mit eidgenössischer Anerkennung im Markt überleben. Und im Oberwallis?

Hier findet diesbezüglich in diesen Monaten ein Wandel statt. Firmen zwischen Furkapass, Matterhorn und Gemmi setzen vermehrt auf Coaches. Aus Diskretionsgründen verzichte ich auf eine Aufzählung, verrate aber gerne, dass es sich um wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen mit Fachkräften handelt, die sich stark mit ihrem Arbeitsplatz identifizieren. Der Business-Coaching-Zug hat die Neat erreicht und fährt auf der Überholspur ins Rhonetal. Motivierte Mitarbeiter sind das grösste Kapital von jedem Unternehmen. Darauf will eine Firma oft nicht verzichten. Denn: Ein guter Coach ist die ideale Begleitperson, um Arbeitskräfte in ihren Prozessen zu fördern und weiter zu entwickeln.

Beim Durchlesen fragen Sie sich vielleicht, ob ich mich als Betrieblicher Mentor mit FA selber auch coachen lasse? Natürlich tue ich das. Coaching ist für mich Lebensqualität. Es ist Persönlichkeitsentwicklung auf hohem Niveau. Einen Nutzen habe ich am Arbeitsplatz, aber auch privat oder in der Freizeit. Nie mehr werde ich darauf verzichten und fahre dazu in die Deutschschweiz. Mit dem Zug. Zweimal im Jahr.