Durch die Niederlage zum grossen Sieg

2. Mai 2022. Der EV Zug ist Schweizer Eishockey Meister. Was nach einer 0:3-Führung nach Siegen für die ZSC Lions niemand mehr für möglich hält, trifft ein. Zug siegt viermal in Folge und steht auf dem sportlichen Olymp. Ein Zufall? Nein. Vielmehr ist es eine mentale Meisterleistung.

Rückblick. Im letzten Spiel der Saison 2019 verliert der EV Zug beim SC Bern und muss zusehen, wie das Heimteam den Titelgewinn feiert. Zug-Trainer Dan Tangnes verspricht damals Minuten nach der Niederlage unter Tränen, dass er den Titel nach Zug bringen wird. Irgendwann. Er hält Wort. Durch die Niederlage schliessen Verein und Trainer die richtigen Schlüsse, analysieren blitz sauber und erkennen, wo die fehlenden Bausteine sind. Fortan wird kontinuierlich am positiven Mindset geschraubt. Die Folge: Selbst nach der dritten Niederlage im Final 2022 zweifelt niemand in der Kabine, dass nur wenig fehlt, um das Momentum zu gewinnen. EVZ-Stürmer Reto Suri wird nach der letzten Partie sagen, wie unbeschreiblich die letzten Tage im Team gewesen sind. Die Entwicklung dieser Winner-Mentalität hat ihre Startstunde in einer der bittersten Niederlagen der Vereinsgeschichte Ende Saison 2019.

Bühnenwechsel. Im Fussball-Champions League Final im Jahr 1999 führt der FC Bayern München mit 1:0-Toren gegen Manchester United. In der letzten Spielminute nimmt der Bayern Trainer den Torschützen vom Feld und gewährt ihm eine Standing Ovation. Dann passiert das Unfassbare. Manchester United schlägt in der Nachspielzeit zweimal zu und holt den Kübel nach England. Bayern-Torhüter Oliver Kahn spricht in seinem Buch «Ich. Erfolg kommt von innen» von der grössten Enttäuschung seiner Karriere. Was damals keiner ahnt: Diese Niederlage ist der Startschuss zu einer unglaublichen Bayern-Saison zwei Jahre später. Die Bayern brauchen im Jahr 2001 einen Punkt in Hamburg um Deutscher Meister zu werden und gleichen eine verloren geglaubte Partie in der Nachspielzeit aus. Wenige Tage später gewinnen sie im Finalspiel gegen Valencia die Champions League. Oliver Kahn sagt heute, ohne die brutale Niederlage zwei Jahre zuvor, wäre es undenkbar gewesen, diese Mentalität zu entwickeln. Die Niederlage hat den Hunger der Mannschaft geweckt und aus ihnen Mentalitätsmonster gemacht. Kahn selber pushte die Mannschaft in der Nachspielzeit in Hamburg zum Sieg.

Niederlagen sind wichtige Mosaiksteine auf dem Weg zum Erfolg. Und was wir nicht wissen oder nicht wissen wollen; Niederlagen sind ein Teil von einem Entwicklungsprozess. Sportlich und Privat. Immer. Ein letztes Beispiel. Granit Xhaka. Unser Nati-Captain wird in Arsenal vor wenigen Monaten von den eigenen Fans beschimpft. Er hat die Wahl: In einer persönlichen Niederlage und Anfeindungen gegenüber seiner Person und Familie kann er den Verein verlassen und das Kapitel hinter sich lassen. Oder er kann sich durchbeissen. Xhaka wählt die zweite Option und wird kürzlich von den Club-Mitgliedern zum ersten Mal überhaupt zum Arsenal-Spieler des Monats gewählt. Seine Persönlichkeit wird durch die erlebte Niederlage weiterentwickelt und stabilisiert. Das zeichnet erfolgreiche Vereine und Sportler aus. Xhaka ist ein Winner durch und durch. Und du? Bist du bereit, deine Persönlichkeit weiterzuentwickeln? Dann ziehe die richtigen Schlüsse aus der Niederlage.